N E U N T E R V O R T R A G Dornach, 31. Dezember 1921 Es ist ein bedeutsamer "Wechsel, welcher mit dem Menschen vor sich geht, wenn er in den Zahnwechsel eintritt. Nicht nur ist dieser Zahn- wechsel ein physisches Ereignis im menschlichen Leben, sondern der Gesamtmensch erfährt eine Metamorphose. Derjenige, welcher Erzie- hungs- und Unterrichtskünstler sein will, muß durchaus auf diese Me- tamorphose sachkundig eingehen können. Dasjenige, was ich in den vorangehenden Betrachtungen den ätherischen, den feineren Bilde- kräfteleib genannt habe, das wird mit Bezug auf gewisse seiner Ver- richtungen frei in der Zeit zwischen dem Zahnwechsel und der Ge- schlechtsreife des Menschen. Das funktioniert vorher organisch-phy- sisch und beginnt von diesem Zeitpunkte an seelisch zu funktionieren. Dadurch aber wird auch das Leibliche des Menschen in einer ganz an- deren Weise von innen heraus ergriffen als früher. Vorher war eigent- lich für den Menschen die Sache so, daß gewissermaßen die materiali- stische Betrachtung im Rechte ist. Diese materialistische Betrachtung sieht in dem Menschen eine Summe von materiellen Vorgängen und in dem Geistig-Seelischen etwas, was aus diesem Physisch-Leiblichen hervorgeht, mit ihm zusammenhängt, wie die Flamme aus der Kerze. Das ist auch ungefähr richtig für das ganz kleine Kind bis zum Zahn- wechsel hin. Da wirkt alles Seelisch-Geistige so, daß es eigentlich in physisch-leiblichen Prozessen besteht, und alle physisch-leiblichen Pro- zesse sind zugleich seelisch-geistige; das Ganze wird beim Kinde in be- zug auf die plastische Ausgestaltung des eigenen Leibes vom Kopfe aus dirigiert. Seinen Abschluß findet es, wenn im Kopfe das Hervorstoßen der zweiten Zähne beginnt. Da müssen die Kräfte im Kopfe, die vor- her tätig waren, aufhören in einem ausgesprochenen Maße tätig zu sein; da zieht sich die seelisch-geistige Tätigkeit mehr in untere Re- gionen des Leiblichen hinunter und geht über in den Atmungs- und in den Herzrhythmus. Vorher strömen gewissermaßen die Kräfte von ihrer ausgiebigsten Tätigkeit in der plastischen Gestaltung des Gehirnes immer hinunter in den übrigen Organismus, und sie wirken plastisch Copyright Rudolf Steiner Nachlass-Verwaltung Buch: 30 3 Seite: 15 7 |